Die Phantomlohnfalle bei geringfügig Beschäftigten
1 Definition Phantomlohn
Der Phantomlohn bezeichnet einen Lohn oder bestimmte Lohnbestsandteile, die dem Arbeitnehmer nicht ausgezahlt wurden, obwohl er einen Rechtsanspruch darauf hat. Wegen Berücksichtigung des Entstehungsprinzips in der Sozialversicherung, sind demnach auch die Lohnbestandteile, auf die der Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch hat sozialversicherungspflichtig, auch wenn sie fälschlicherweise nie an den Arbeitgeber gezahlt wurden.
Der Phantomlohn taucht in Praxis vor allem in Sozialversicherungsprüfungen auf. Vor allem im Zusammenhang mit den folgenden Punkten kommt es oft zur Entstehung eines Phantomlohns und folglich zu Nachzahlungen in Prüfungen:
- Arbeit auf Abruf
- Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
- Entgeltfortzahlung bei Urlaub
2 Die Phantomlohnfalle bei geringfügig Beschäftigten
Vor allem bei geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern gilt besondere Vorsicht!
Wenn die oben genannten Punkte nicht berücksichtigt werden, besteht die Gefahr die Verdienstgrenze von 450,00 € pro Monat (Stand 11.07.2022) zu überschreiten, was zur Gefährdung des geringfügigen Statutes und somit zur vollen Sozialversicherungsplicht führen würde.
2.1 Arbeit auf Abruf
Besonders in der Hotellerie und Gastronomie ist die Arbeit auf Abruf bei geringfügig beschäftigten weit verbreitet, da gleichbleibende Regelarbeitstage oft nicht definiert werden können.
In diesem Zusammenhang ist dann unbedingt eine wöchentliche Arbeitszeit erforderlich und vertraglich festzuhalten.
Diese kann wie folgt definiert werden:
- Wöchentliche Mindestarbeitszeit: Bei einer Mindestarbeitszeit darf der Arbeitgeber bis zu 25 % Arbeitszeit zusätzlich zur vereinbarten Arbeitszeit abrufen
- Wöchentliche Höchstarbeitszeit: Bei einer Höchstarbeitszeit darf der Arbeitgeber bis zu 20 % Arbeitszeit weniger von der vereinbarten Arbeitszeit abrufen
Problematisch wird es, wenn keine wöchentliche Arbeitszeit festgelegt wird.
Im falle einer Betriebsprüfung wird dann eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden zugrunde gelegt.
Bereits mit dem Mindestlohnanspruch, der auch für geringfügig angestellte Arbeitnehmer gilt, wird folglich die Mindestlohngrenzen von 450,00 € pro Monat überschritten.
Der Status einer geringfügigen Beschäftigung geht folglich verloren.
2.2 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Wenn ein geringfügig beschäftigter Mitarbeiter an einem Arbeitstag unerwartet krank wird, muss für diesen, wie für jeden anderen Mitarbeiter, das Entgelt fortgezahlt werden. Der Arbeitnehmer ist im krankheitsfall so zu vergüten, als ob er währen der Krankheitszeit gearbeitet hätte.
Bei geringfügig Beschäftigten kann das zu einer Gefahr werden, wenn der Mitarbeiter statt des Krankheitstages "zum Ausgleich" an einem anderen Tag arbeitet und somit durch die tatsächlich geleistete Arbeit (ohne den Krankheitstag) ein Bruttolohn von 450,00 € verdient. Da der Mitarbeiter einen rechtlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat, übersteigt das monatliche Entgelt dann die 450,00 EURO Grenze, was wiederum zur Sozialversicherungspflicht führen würde.
2.3 Entgeltfortzahlung bei Urlaub
Auch geringfügig Beschäftigte haben einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaub. Wie bei andern Beschäftigten ist die Anzahl der Urlaubstage abhängig von den Arbeitstagen pro Woche (die Arbeitszeit pro Arbeitstag ist hier nicht relevant). Arbeitet ein geringfügig beschäftigter Mitarbeiter üblicherweise an 2 Tagen pro Woche, ergibt sich Urlaubsanspruch von 8 Tagen (2 x 24 / 6) im Jahr, auch wenn er nur 10 Stunden in der Woche arbeitet.
Die höhe der Entgeltfortzahlung errechnet sich grundsätzlich aus dem durchschnittlichen Stundenlohn der vergangenen 13 Wochen, vor Beginn des Urlaubs.
Vor allem bei geringfügig Beschäftigten wird dieser rechtliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Urlaubsfall oft nicht erfüllt.
Im Falle einer Betriebsprüfung wird die Höhe des Urlaubsanspruches des entsprechenden Jahres bzw. die daraus resultierende Höhe der versäumten Entgeltfortzahlung zum verdienten Jahreseinkommen des geringfügig beschäftigten Mitarbeiters hinzugerechnet. Übersteigt die Summe die Jahresgrenze von 5.400,00 € (12 x 450,00 €), ist der Mitarbeiter voll sozialsversicherungsplichtig. Die Sozialversicherungsbeiträge sind dann für das ganze Jahr nachzuzahlen.
2.4 Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge
Wenn Arbeitgeber Zuschläge für Sonn-und Feiertags- oder Nachtarbeit (SFN-Zuschläge) erhalten, müssen diese Zuschläge auch in der Entgeltfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen bzw. im Krankheits- oder Urlaubsfall berücksichtigt werden (nach §1 EStG). Wie in 2.3 bereits erwähnt, errechnet sich die Entgeltfortzahlung aus dem durchschnittlichen Stundenlohn, inklusive Zuschläge, der vergangen 13 Wochen.
Die Besonderheit hierbei ist, dass SFN Zuschläge nur dann steuer- und sozialversicherungsfrei sind, wenn tatsächlich eine Arbeitsleistung vollbracht wurde. An gesetzlichen Feiertagen (an denen nicht gearbeitet wurde) bzw. bei Krankheit oder Urlaub, also während der Entgeltfortzahlung, entfällt folglich die Steuer- und und somit auch Sozialversicherungsfreiheit für diese Zuschläge.
Bei einem geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer kann das dann zu einem Problem werden, wenn dieser ein monatliches Einkommen von 450,00 € und zusätzlich SFN-Zuschläge erhält. Unter Berücksichtigung der SFN-Zuschläge im Urlaubsfall übersteigt dann das Arbeitsentgelt regelmäßig die 450,00 € Grenze. Somit lieg keine geringfügige Beschäftigung mehr vor.
SFN-Zuschläge die während einer Schwangerschaft (Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz) oder im Krankheitsfall in der Entgeltfortzahlung berücksichtigt werden, wirken sich grundsätzlich nicht auf den Status der Geringfügigkeit aus. Im Unterschied zum Urlaub können eine Krankheit bzw. eine Schwangerschaft nämlich nicht vorhergesehen werden. Der Status der Geringfügigkeit ist hier also nicht gefärdet, auch wenn die 450,00 € Grenze teilweise überschritten wird.